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Devisenumsatzsteuer - ein Konzept mit Zukunft

Diskussion um Möglichkeiten und Grenzen der Stabilisierung der Finanzmärkte durch eine Tobin-Steuer

Die Debatte um eine Devisenumsatzsteuer (Tobin Tax) erlebt im Zuge der Diskussion um eine Reform der internationalen Finanzordnung eine Renaissance. Neben parlamentarischen Vorstößen zur Unterstützung der Steuer untersuchen die Vereinten Nationen im Rahmen der Konferenz "Financing for Development" u.a. die Umsetzungsmöglichkeit einer der Tobin Tax ähnlichen Devisenumsatzsteuer (Currency Transaction Tax - CTT). Der indische Premierminister hat sich unlängst für eine Steuer auf Devisentransaktionen zwischen Industrieländern ausgesprochen, und eine wissenschaftliche Studie, die im Rahmen des IWF erstellt wurde, plädiert für eine Variante der Tobin Steuer. Der DGB und der US-amerikanische Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO haben sich wie viele andere zivilgesellschaftlichen Organisationen für die Steuer ausgesprochen.

Der wachsenden Aufmerksamkeit für die Tobin Tax und ihre unterschiedlichen Varianten steht allerdings eine immer noch starke Ablehnungsfront gegenüber. Die Umstrittenheit des Vorschlags verweist darauf, dass hier massive finanzielle und wirtschaftspolitische Interessen im Spiel sind. Nach der Asienkrise ist weithin Konsens, dass die kurzfristigen Kapitalströme eine Hauptursache für die Volatilität der Wechselkurse sind.

Die Volatilität begünstigt den Aufbau von spekulativen Blasen und kann Krisen hervorrufen oder verstärken, wodurch vor allem Entwicklungsländer mit ihrer besonderen Vulnerabilität gegenüber externen Schocks gefährdet sind. Aber auch ohne krisenhafte Entwicklung bildet hohe Volatilität eine ungünstiges Umfeld für Außenhandel und Schuldendienst der Entwicklungsländer. Die kurzfristigen Kapitalbewegungen müssen daher reduziert werden. Eine Devisenumsatzsteuer erfüllt diese Funktion, indem sie kurzfristige Anlagen, die auf geringe Kursdifferenzen spekulieren, unrentabel macht. Damit werden die Menge und das Tempo der kurzfristigen Transaktionen reduziert, ohne dass Handelsgeschäfte, langfristige Kredite und Realinvestitionen abgeschreckt würden (Filterfunktion). Es wird Sand ins Getriebe geworfen, ohne dass das Getriebe seine Funktionsfähigkeit verliert. Eine Devisenumsatzsteuer ist daher ökonomisch sinnvoll und insbesondere entwicklungspolitisch wünschenswert.

Allerdings ist es nicht Anspruch der Tobin Tax, massive spekulative Attacken und alle Arten von Finanzkrisen zu verhindern. Dazu sind andere Instrumente nötig. Die Tobin Tax ist ein Instrument in einem Set unterschiedlicher Instrumente zur Regulierung der Finanzmärkte.

Die technische Umsetzung einer Tobin Tax ist dank der zunehmenden Computerisierung und Formalisierung internationaler Zahlungsverkehrssysteme einfach. Die Erhebung kann national oder international erfolgen. Das Steueraufkommen aus einer Devisenumsatzsteuer wird mindestens im zweistelligen Milliarden US-Dollar Bereich liegen. Hinsichtlich der Verwendung der Steueraufkommen steht aus zivilgesellschaftlicher Sicht eine internationale Verwendung für Projekte nachhaltiger Entwicklung im Mittelpunkt.

Die Möglichkeiten, die Steuer zu umgehen, können aufgrund durch Druck auf Offshore Zentren, mit internationalen Aufsichts- und Kontrollorganen zu kooperieren sowie durch die Möglichkeit, unkooperative Steuerparadiese mit Gebühren oder Steuern über den Markt zu neutralisieren, können auf das auch bei anderen Steuern akzeptiere Maß reduziert werden.

Entscheidender Hinderungsgrund für die Realisierung der Tobin Tax ist der Widerstand der Nutznießer der Volatilität auf den Finanzmärkten, d.h. vor allem der privaten Finanzmarktakteure und einiger Regierungen, vor allem der USA. Daher wird die Tobin Tax nur durchsetzbar sein, wenn die politischen Kräfteverhältnisse durch Druck aus der Gesellschaft verändert werden. Das Beispiel Öko-Steuer zeigt, dass dies zwar schwierig, aber nicht unmöglich ist.


Infos

  • Autor*innen: Peter Wahl
  • Typ: Sonstiges
  • Sprache: Deutsch
  • Kategorien: Finanzmärkte, Steuergerechtigkeit

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