Erneut Todesfälle in der IT-Produktion: Die öffentliche Hand gibt Milliarden für IT-Produkte aus, die ohne hinreichende Schutzmaßnahmen in Asien produziert werden
Bei der Produktion von IT-Geräten wie Computern, Druckern oder Tablets für europäische Verwaltungsstellen, Krankenhäuser oder Schulen sind asiatische ArbeiterInnen täglich ohne hinreichende Schutzmaßnahmen gefährlichen Chemikalien ausgesetzt. Ein neuer Bericht von DanWatch und WEED e.V. zeigt auf, wie staatliche Ausgaben für IT-Geräte gefährliche und unzumutbare Arbeitsbedingungen in dieser Industrie unterstützen.
MiYeon Kim aus Südkorea testete mehr als 15 Jahre lang Halbleiter für Computer. Jetzt zahlt sie den Preis für die billige Produktion: Sie bekam Kopfschmerzen und Menstruationsbeschwerden und hatte Schwierigkeiten schwanger zu werden. Als es endlich klappte, stellte sich heraus, dass ein Tumor gewachsen war und sie musste abtreiben. "Die Firma gab mir nur fünf Krankheitstage, daher musste ich kündigen. Neun Tage nach meiner Kündigung fand ich heraus, dass ich einen weiteren bösartigen Tumor hatte", berichtet MiYeon Kim.
Der Fall von MiYeon Kim ist kein Einzelfall. Der heute veröffentlichte Bericht "Zeit für einen Wandel" dokumentiert die unzumutbaren und für manche ArbeiterInnen sogar tödlichen Arbeitsbedingungen. In der IT-Produktion kommen mehr als 500 gefährliche Chemikalien zum Einsatz, viele davon führen nachweislich zu einem erhöhten Krebsrisiko. In den letzten Jahren wurde bei Hunderten von ArbeiterInnen in dieser Branche in Südkorea Leukämie und Multiple Sklerose diagnostiziert. Viele der ArbeiterInnen starben bereits an Krebs.
Während die verantwortlichen IT-Marktführer diese Verbindung bestreiten, legt der neue Bericht Rechercheergebnisse vor, die den Einsatz von Chemikalien in den IT-Fabriken direkt mit den vielen Fällen von Krebs unter ArbeiterInnen in dieser Branche in Verbindung bringt. Nur wenige ArbeiterInnen in Südkorea haben eine Entschädigung erhalten, um ihre Krankenhauskosten zu decken.
In Deutschland gibt die öffentliche Hand jährlich 2,4 Milliarden für IT-Hardware aus. Diese Ausgaben gehen an Unternehmen, die internationale Arbeitsrechtsstandards verletzen. Ohne es zu wissen, unterstützen damit die Steuerzahler in Deutschland Menschenrechtsverletzungen in Südkorea und anderen Produktionsländern. In Nordrhein-Westfalen verpflichtet das Tariftreue- und Vergabegesetz (TVgG-NRW) Beschaffungsverantwortliche, umweltverträglich und sozial verantwortlich einzukaufen. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern hat Nordrhein-Westfalen den Anwendungsbereich nicht auf bestimmte Produktgruppen eingeschränkt, sodass das Gesetz auch für bekanntermaßen "schwierige" Produktgruppen wie die Informations- und Kommunikationstechnologie anwendbar ist. Das Gesetz ist damit besonders progressiv und bietet für das Land die Chance, sich als Vorbild im Bereich öko-sozialer IT-Beschaffung zu profilieren. WEED unterstützt Beschaffungsverantwortliche in NRW durch unser von der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW gefördertes Bildungs- und Beratungsprojekt bei der konkreten Umsetzung des Gesetzes.