Weltweit wächst die Kluft zwischen arm und reich
Berlin, 26. Juli 2002. Die meisten Länder der Erde sind noch weit von den sozialen Zielen entfernt, zu denen sich die Regierungen im Jahr 1995 auf dem Weltsozialgipfel verpflichtet haben. Und weltweit hat sich die Kluft zwischen arm und reich verschärft. Dies ist der Tenor des Social Watch Reports Deutschland 2002, der vom Deutschen NRO-Forum Weltsozialgipfel heute vorgelegt wird. Das Forum wird von 28 deutschen entwicklungs- und sozialpolitischen Organisationen und Institu-tionen getragen.
Der Report präsentiert umfassende Statistiken zur sozialen Lage weltweit und fordert weitreichende Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Roberto Bissio, Direktor des Dritte-Welt-Instituts in Montevideo und Koordinator des internationalen Social Watch Netzwerks stellt dazu fest:
"International sind die notwendigen Maßnahmen zur Überwindung der Kluft zwischen Arm und Reich wohl bekannt: Die Lösung des Schuldenproblems, Zugang zu den Weltmärkten für Produkte aus Entwicklungsländern, Kontrolle der weltumspannenden Ströme spekulativen Kapitals und nicht zuletzt mehr sowie qualitativ bessere Entwicklungshilfe, die tatsächlich bei den Armen ankommt."
Das Forum Weltsozialgipfel fordert daher eine deutliche Erhöhung der deutschen Entwicklungshilfe. Der jetzt vorgelegte Entwurf des Bundeshaushaltes für 2003 sehe nur unter Einrechnung von Umbuchungen eine Erhöhung des Etats des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung um 100 Millionen Euro vor, kritisiert Klaus Heidel, Sprecher des NRO-Forums. Diese Erhöhung sei aber nicht ausreichend, um dem Beschluss der Europäischen Union Rechnung zu tragen, bis 2006 die öffentliche Entwicklungshilfe auf 0,39 Prozent des Bruttonatio-naleinkommens anzuheben. "Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung jährlich um 380 Millionen Euro steigen." Mit dem jetzt vorgelegten Entwurf für den Haushalt 2003 würde Deutschland die Zielvorgabe der Euro-päischen Union um zwei Drittel unterschreiten, so Heidel aus Anlass der Vorlage des Social Watch Report Deutschland 2002.
Auch im Blick auf die bundesdeutsche Situation müssten die Anstrengungen zur Armutsbekämpfung intensiviert werden, erklärte die stellvertretende Sprecherin des NRO-Forums, Erika Biehn. Denn auch in Deutschland nehme soziale Ausgrenzung zu. "Die derzeitigen Politikentscheidungen werden nicht dazu beitragen, die Einkommensschere zwischen ‚Arm' und ‚Reich' zu schließen", kritisiert Biehn und stellt fest: "Armut trägt dazu bei, dass Kinder einen schlechteren Bildungsabschluss erhalten als andere."
Im Blick auf die bisher bekannt gewordenen Vorschläge der Hartz-Kommission unterstreicht Biehn die Notwendigkeit, mehr Arbeitsplätze zu schaffen: "Die Streichung von Leistungen bei schwäche-ren Gruppen ist kein Sparen, sondern phantasielos und sozialpolitisch problematisch. Alle politischen Maßnahmen müssen darauf gerichtet sein, dass das Verarmungsrisiko von Arbeitslosen nicht weiter erhöht wird."
Kontakt und weitere Informationen:
Erika Biehn, stellvertretende Sprecherin des Deutschen NRO-Forums Weltsozialgipfel, Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen, Beckumer Str. 50, 59555 Lippstadt, Tel.: 02 941-78 930 (priv.), E-Mail: erika_biehn@web.de
Dr. Peter Eisenblätter, terre des hommes Deutschland e.V., Postfach 4126, 49031 Osnabrück, Tel.: 05 41 - 71 01 106, Fax: 05 41 - 70 72 33, E-Mail: vernetzung@tdh.de
Klaus Heidel, Sprecher des Deutschen NRO-Forums Weltsozialgipfel, Werkstatt Ökonomie e.V., Obere Seegasse 18, 69124 Heidelberg, Tel.: 06 221 - 72 02 96, Fax: 06 221 - 78 11 83, E-Mail: klaus.heidel@woek.de
Jens Martens, WEED e.V., Bertha-von-Suttner Platz 13, 53111 Bonn, Tel.: 02 28 - 76 61 312, Fax: 02 28 - 69 64 70, E-Mail: jens.martens@weed-online.org
Werner Oesterheld, DGB-Bildungswerk e.V., Postfach 101026, 40001 Düsseldorf, Tel.: 02 11 - 43 01 384, Fax: 02 11 - 43 01 500, E-Mail: werner.oesterheld@dgb-bildungswerk.de
Jürgen Reichel, Evangelischer Entwicklungsdienst e.V., Ulrich-von-Hassell-Str. 76, 53123 Bonn, Tel.: 02 28 - 81 01 0, - 81 01 23 16, Fax: 02 28 - 81 01 160, - 81 01 259, E-Mail: juergen.reichel@eed.de