Fauler Kompromiss mit Afrika
Auf ihrem heutigen Ratstreffen verabschieden die EU-Mitgliedsstaaten eine Verordnung, die den Marktzugang für Exporte aus den AKP-Staaten in die Europäische Union (EU) ab 1. Januar 2008 regelt. Diese Verordnung umfasst 15 karibische Staaten, die ein vollständiges Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (kurz EPA) vereinbart haben, ebenso wie diejenigen Staaten, die einem Interimsabkommen zugestimmt haben. Für zehn AKP-Länder, die bisher kein Abkommen mit der EU abgeschlossen haben, wird die EU ihre Einfuhrzölle ab Januar drastisch erhöhen. Dazu gehören Nigeria, Gabun, Republik Kongo und sieben pazifische Inselstaaten.
"Nicht nur die vollständigen EPAs schaden den AKP-Staaten. Auch die Interimsabkommen sind eine Falle", sagt Kerstin Bertow von Oxfam Deutschland. "Die EU hat enormen Druck ausgeübt und mehr als 20 Staaten dazu gedrängt, in diesen Interimsabkommen einer weitreichenden Marktöffnung zuzustimmen. Dadurch sind weite Teile der Wirtschaft in den AKP-Staaten in ihrer Existenz bedroht."
Auf dem EU-Afrika-Gipfel in Lissabon am 8. und 9. Dezember sprachen sich mehrere afrikanische Führer gegen die geplanten Freihandelsabkommen aus und warfen der Europäischen Kommission Doppelmoral vor: Während vordergründig die gemeinsame Partnerschaft gelobt wurde, stünde bei der EU die Durchsetzung ihrer Handelsinteressen im Mittelpunkt.
"Das Durchpeitschen der von der EU vorgeschlagenen Interimsabkommen in den letzten Wochen ließ den AKP-Staaten keine Zeit, die Abkommen zu prüfen und zu ihren Gunsten abzuändern", kritisiert Dieter Simon von KOSA. "Diese Abkommen erlauben den AKP-Staaten kaum, ihre empfindlichsten Wirtschaftszweige wirksam gegen die europäische Konkurrenz zu schützen. Die EU setzt auf eine Teile-und-herrsche-Strategie und nimmt damit bewusst Schäden für die politische und wirtschaftliche Integration der AKP-Regionen in Kauf."
Die AKP-Staaten mussten sich in den Abkommen zu einer weitgehenden Liberalisierung ihres Güterhandels verpflichten, die über WTO-Anforderungen hinausgeht. So müssen die Staaten bis zu 97% der Zölle auf Importe aus der EU abschaffen und bereits vom ersten Tag an ihre Zölle auf dem derzeitigen Niveau einfrieren. Außerdem sind die Fristen für die Umsetzung - für die meisten Produkte gelten Fristen von 10 bis 15 Jahren - deutlich kürzer als ursprünglich vereinbart. "Den AKP-Staaten wird die Möglichkeit genommen, ihre Märkte vor subventionierten Importen aus der EU zu schützen. Dies gefährdet nach Ansicht von StopEPA die Existenzgrundlagen von Millionen von Kleinbauern in diesen Ländern", kritisiert Kerstin Lanje von Germanwatch.
"Die EU hat die AKP-Staaten in den Interimsabkommen verpflichtet, über die weitere Öffnung ihrer Dienstleistungsmärkte, die Liberalisierung von Investitionen sowie den Schutz geistiger Eigentumsrechte weiter zu verhandeln", kritisiert Klaus Schilder von WEED. "Zudem erpresst die EU die AKP-Staaten, indem sie finanzielle Zuwendungen für die Regionen von der Unterzeichnung derart umfassender EPAs abhängig macht".
Über 170 Organisationen in der EU und Afrika unterstützen die StopEPA-Kampagne, in Deutschland u.a. FIAN Deutschland, Germanwatch, KASA, KOSA, NAD, Oxfam Deutschland, terre des hommes und WEED. Mehr unter www.stopepa.de.
Weitere Informationen bei:
- Kerstin Bertow, Oxfam Deutschland, kbertow@oxfam.de, 0172-2574855
- Dieter Simon, Koordination Südliches Afrika (KOSA), dieter.simon@kosa.org, 0178-3488719
- Klaus Schilder, Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung (WEED): klaus.schilder@weed-online.org, 0177-4341642