OECD/G20-Ergebnis zu Unternehmenssteuer-Vermeidung versäumt den nötigen Systemwechsel
Die heute von der OECD im Auftrag der G20 vorgestellten Maßnahmen gegen Unternehmenssteuervermeidung ("Base Erosion Profit Shifting", BEPS) sieht WEED als verpasste Chance, einen nötigen Systemwechsel zu starten. Die BEPS-Ergebnisse behandeln multinationale Unternehmen steuerlich weiterhin so, dass Mutter- und Tochterfirmen in einzelnen Staaten getrennt betrachtet sowie besteuert werden. Zugleich wird am System der Verrechnungspreise für konzerninterne Transaktionen zwischen Mutter- und Tochterunternehmen festgehalten, das bislang dabei versagt hat, die Gewinnverschiebung zu verhindern. "Dieser alte Ansatz wird die Anarchie in der internationalen Unternehmensbesteuerung nicht beenden", so Markus Henn, Referent für Finanzmärkte bei WEED. "Ökonomisch angemessen wäre statt dessen ein Systemwechsel zur Gesamtkonzernsteuer. Dabei wird ein Konzern als das betrachtet, was er ist: eine große Einheit mit einem Gesamtgewinn, der dann auf die betroffenen Staaten aufgeteilt werden kann." Zwar spielt die stärkere Verwendung der Gesamtkonzernbetrachtung eine Rolle bei einigen BEPS-Maßnahmen. Im Wesentlichen werden aber nur neue Detailregeln zum System der Verrechnungspreise hinzugefügt.
Auch viele Einzelmaßnahmen von BEPS bleiben hinter dem von der OECD verkündeten Durchbruch zurück. Besonders der Kompromiss bei den Sondersteuern ("Boxen") für Patente setzt ein falsches Signal. "Statt allen Sondersteuern einen Riegel vorzuschieben, wird nur eine besonders schädliche Form unterbunden, dafür aber der Rest umso mehr legitimiert", kritisiert Markus Henn. "Das wird zu einer stärkeren Verbreitung von solchen Boxen führen. Der Ansatz für die Prüfung der zulässigen Boxen ist außerdem so komplex, dass er in der Praxis wahrscheinlich missbraucht werden wird."
Ein Fortschritt sind die länderspezifischen Berichte zu Geschäften und Steuerzahlungen, die Unternehmen an Behörden melden sollen. "Aber die wichtigsten Daten aus den Berichten müssten öffentlich sein", fordert Henn, "sonst bleibt das volle Potential der Berichte ungenutzt, weil Medien und Zivilgesellschaft die Aktivitäten der Unternehmen und der Behörden nicht begleiten können." Und selbst für manche Behörden könnte der Zugang nicht gesichert sein, da die direkte Meldung der Berichte nur an das Sitzland eines Unternehmens erfolgen soll. Wenn dieses Land eine Steueroase wie die Niederlande oder die Schweiz ist, könnte es bei der eigentlich vorgesehenen Weitergabe von Daten zu Problemen kommen.