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Papierberge statt Problemlösungen in Sea Island

Mit einem Berg von Papieren endete der diesjährige G8-Gipfel der führenden westlichen Industriestaaten und Russlands auf der amerikanischen Luxus-Ferieninsel Sea Island/Georgia. Doch "Papierberge sind keine Problemlösungen", kommentierte Rainer Falk, WEED-Vorstandsmitglied und Herausgeber des Informationsbriefs Weltwirtschaft & Entwicklung, das Ergebnis. "Mit 19 Schriftstücken - von der Nahostinitiative über den Hunger am Horn von Afrika, den Kampf gegen die Korruption, die Sicherheit des Reiseverkehrs bis zur Rolle des Unternehmertums im Kampf gegen die Armut - ist die Liste der offiziellen Gipfeldokumente länger als jemals zuvor, aber was die Substanz angeht, übertrifft das Sea-Island-Treffen alle seine Vorgänger an Armseligkeit," so Falk, der die G7- und G8-Treffen seit Jahren beobachtet.

Aus der Sicht der nord-süd-politischen Organisation Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung (WEED) zeigte sich die G8 auf ihrem jüngsten Gipfel in strategischen Fragen wie dem Irak und der Zukunft des Nahen und Mittleren Ostens uneinig und zerstritten, in Sachfragen einseitig und unausgewogen und als Instanz des Managements weltwirtschaftlicher Krisen und Probleme überlebt:

  • Während die von den USA angestrebte Rund-um-Entschuldung für den Irak am Einspruch Frankreichs scheiterte, vergaben die G8 die Chance, zusätzliche Mittel für die Ende des Jahres auslaufende Initiative zur Entschuldung der ärmsten Länder (HIPC) zu beschließen. Der Bedarf der HIPC-Länder an zusätzlichen Schuldenerlassen sei "allemal dringlicher als bei einem erölexportierenden Land wie dem Irak, zumal die unter HIPC-Initiative bislang nicht gehalten hat, was die G8 vor fünf Jahren in Köln versprochen haben", erklärte Falk. Wegen der Ölpreissteigerungen, des anhaltenden Verfalls bei anderen Rohstoffen und der nur halbherzigen Reduzierung der Schulden werden viele HIPC-Länder in Afrika auch nach Durchlaufen des HIPC-Prozesses nicht in der Lage sein, die verbleibende Schuldenlast zu tragen.
  • Während jedermann weiß, das die von der UNO beschlossenen Millenniumziele zur Halbierung der globalen Armut mit den derzeitigen Ausgaben für Entwicklungshilfe nicht erreicht werden können, verlegten sich die G8 in Sea Island darauf, das "freie Unternehmertum" als Patentrezept für die Überwindung der Armut anzupreisen. Der dazu beschlossene "Aktionsplan" zum "Einsatz der Macht des Unternehmertums für die Ausrottung der Armut" beruft sich auf den kürzlich erschienenen Bericht der UN-Kommission über den Privaten Sektor und Entwicklung. "Es ist bezeichnend für ihre einseitige Weltsicht, dass die G8 diese in der UNO selbst umstrittene Steilvorlage aufgriffen, den kurz darauf erschienenen Bericht der ILO-Kommission über die sozialen Dimensionen der Globalisierung jedoch mit keinem Wort erwähnten", kommentierte Falk.
  • Schließlich zeigte sich in Sea Island erneut, wie sehr sich das G8-Direktorium als Steuerungsinstrument der Weltwirtschaft überlebt hat. "Um die mangelnde Repräsentativität und Legitimationsbasis dieses Gremiums deutlich werden zu lassen, bedarf es inzwischen nicht einmal mehr großer Demonstrationen der Globalisierungskritiker," bemerkt Rainer Falk nicht ohne Ironie. Die Wirtschaftsleistung solcher Länder wie China übertrifft inzwischen die von G8-Ländern wie Kanada und Russland. Doch in Sea Island waren zwar ein paar kleine Vasallenstaaten als Zaungäste anwesend, nicht jedoch die neuen wirtschaftlichen Schwergewichte des Südens. "Vorschläge zur Demokratisierung der Global-Governance-Strukturen liegen seit langem auf dem Tisch. Die Frage ist, wie lange sich die G8 die Haltung eines Klubs von Taubstummen noch leisten können."

Weitere Information:

Rainer Falk, Tel. 00352/26440990, Mobil 00352/21/249485

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