Paradise Papers: Regierung hat Pläne seit letztem Skandal noch lange nicht umgesetzt
Das Netzwerk Steuergerechtigkeit und das Tax Justice Network fordern angesichts der Enthüllungen um die "Paradise Papers", dass diesmal wirklich alle nötigen Reformen ergriffen werden müssen. Der 10-Punkte-Plan der Bundesregierung, den sie nach dem letzten großen Skandal um die "Panama Papers" im Frühjahr 2016 vorgelegt hatte, ist noch lange nicht umgesetzt und reicht auch nicht weit genug, monieren die Organisationen.
Zwar sind im letzten Jahr tatsächlich einige der Maßnahmen aus dem Plan zumindest teilweise umgesetzt worden. Aber wie eine Bilanz des Plans zeigt, wurden einige wichtige Maßnahmen nicht oder nur unzureichend ergriffen. Die Kritik fasst Markus Henn von WEED und Mitglied des Koordinierungskreises des Netzwerk Steuergerechtigkeit so zusammen: "Eine ernst zu nehmende schwarze Liste fehlt, Register der wirtschaftlich Berechtigten gibt es nur in der EU. Die Sanktionen bei Verstößen sind oft immer noch zu gering und die Geldwäschebekämpfung wurde in einigen Punkten in Deutschland dieses Jahr sogar geschwächt."
"Der 10-Punkte-Plan greift außerdem viel zu kurz", so Markus Meinzer, Vorstandsmitglied von Tax Justice Network. "So sieht er keine Veröffentlichung der wahren Eigentümer/innen von Firmen und der wesentlichen Bilanzdaten der multinationalen Konzerne vor. Auch fehlt ein öffentliches, gut zugängliches bundesweites Register für Immobilien. So bleibt Deutschland am Ende weiterhin selbst ein Schattenfinanzplatz."
Wie ein neues Papier des Tax Justice Network aufzeigt, ist für die mangelhafte Unternehmenstransparenz eine gut geölte Lobbymaschine der Wirtschaft vor allem aus Deutschland verantwortlich, in deren Dienst die Bundesregierung bislang auf EU-Ebene Fortschritte verhindert. Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit kritisiert zudem: "Die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Steueranwaltskanzleien beraten seit Jahrzehnten gleichzeitig Regierungen und Unternehmen und nehmen großen Einfluss auf Bilanzierungsregeln und Steuergesetze, auf die sich ihre Kunden dann bei der Steuervermeidung berufen."
Kontakt für Interviews und Rückfragen:
- Markus Meinzer, Tax Justice Network, 0178-340 5673, markus@taxjustice.net
- Christoph Trautvetter, Netzwerk Steuergerechtigkeit, 0176-78675480
- Markus Henn, WEED (Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung / Netzwerk Steuergerechtigkeit), 0176-3763 0916, markus.henn@weed-online.org
Weitere Informationen:
- Markus Meinzer und Christoph Trautvetter (Sperrfrist 8.11.2017): Eine Bilanz von Wolfgang Schäubles Aktionsplan gegen Offshore-Geldwäsche und -Steuerhinterziehung vom 10. April 2016: www.taxjustice.net/wp-content/uploads/2017/11/MeinzerTrautvetter2017_Bilanz-Aktionsplan-Sch%C3%A4uble-1.pdf
- Markus Meinzer und Christoph Trautvetter 2017: Lobbyismus in der Steuerpolitik. Der lange und steinige Weg der länderbezogenen Berichterstattung: www.taxjustice.net/wp-content/uploads/2017/11/MeinzerTrautvetter2017-TJN-CBCR-Lobbyismus.pdf
- Häufige Fragen und Antworten zu den "Paradise Papers": www.taxjustice.net/appleby/; www.taxjustice.net/wp-content/uploads/2017/11/badappleby-FAQs-DEUTSCH-FINAL.pdf
- Richard Murphy und Saila Naomi Stausholm 2017: The Big Four. A Study of Opacity: issuu.com/left76/docs/big_four
- Netzwerk Steuergerechtigkeit 2017: Steuerpolitische Forderungen für die Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl: steuergerechtigkeit.blogspot.de/2017/10/steuerpolitische-forderungen-fur-die.html