Pressemitteilung: Trojanisches Pferd für Großstaudämme
Urgewald und WEED:
Am 6. und 7. September entscheidet die OECD über besondere Förderbedingungen für erneuerbare Energien. Durch längere Rückzahlungszeiten für Exportkredite soll die weltweite Nutzung von nachhaltigen Energiequellen wie Wind, Sonne oder Geothermie unterstützt werden. Soweit begrüßen internationale Umwelt- und Entwicklungsorganisationen die Initiative. Sie kritisieren jedoch die Idee, diese Subventionsmechanismen auch für Großstaudämme gelten zu lassen - voraussichtlich, ohne dass diese besondere Mindest-Standards einhalten müssen. "Großstaudämme im Süden gehören zu den kontroversesten Infrastrukturprojekten mit massiven negativen Auswirkungen für Mensch und Natur. Wenn die Initiative zur Förderung von erneuerbaren Energien auch für sie gilt, unterminiert dies ihre gesamte Glaubwürdigkeit und Intention. Aus der an sich guten Absicht droht so ein trojanisches Pferd zu werden, von dem vor allem die Betreiber von Großstaudämmen profitieren", erklärt Regine Richter von der Umweltorganisation urgewald.
Um auf die mit Dämmen verbundenen Gefahren und Probleme hinzuweisen, veröffentlichen internationale Umwelt- und Entwicklungsorganisationen deshalb heute einen Bericht, der sich mit den sozialen und ökologischen Auswirkungen von Staudämmen in China, Laos, Lesotho, den Philippinen und der Türkei auseinander setzt. Fast alle diese Projekte wurden mit Unterstützung von Exportkreditagenturen (ECA) realisiert, mit katastrophalen Folgen: Sie führten zu bedeutender Zwangsumsiedlung, Menschenrechtsverletzungen, Zerstörung des Lebensraums bedrohter Arten und erheblicher Freisetzung des klimaschädlichen Methans: Der von der Weltbank und vier Exportkreditagenturen unterstützte Nam Theun 2 Staudamm in Laos wird doppelt so viele Treibhausgase freisetzen wie ein Gaskraftwerk, das die gleiche Menge Strom produziert.
Daniela Setton von der Entwicklungsorganisation WEED kommentiert: "Wenn die OECD zeigen will, dass Exportkreditagenturen auch einen sinnvollen Beitrag zur Förderung nachhaltiger Entwicklung leisten können, gibt es eine einfache Möglichkeit - Großstaudämme aus der Initiative herausnehmen. Ansonsten offenbart die OECD deutlich, dass sie nach Jahren des Protests nichts dazu gelernt hat."
Relevant könnte die Initiative in Kürze auch in Deutschland werden, wo die Bundesregierung möglicherweise im Herbst über die Förderung des hoch umstrittenen Ilisu-Staudammprojekts im Südosten der Türkei entscheiden wird. Dort müssen 78.000 Menschen und eine der ältesten bewohnten Städte der Welt den Fluten des Staudamms weichen. "Es wäre Wahnsinn, ein solches Großprojekt, das unter Ausschluss der betroffenen Bevölkerung und der Öffentlichkeit geplant wird und katastrophale soziale und ökologische Folgen hat, durch bevorzugte Bedingungen unter dem Label sauberer Energien zu fördern," so Daniela Setton.
Die Nichtregierungsorganisationen schlagen vor, dass ECA - unabhängig von der Initiative - nur Staudammprojekte unterstützen sollen, die den Empfehlungen der Weltstaudammkommission (WCD) folgen. "Die Erfahrung mit Staudammprojekten lehrt, dass die bisherigen Umweltstandards der Exportkreditagenturen und der Weltbank nicht ausreichen, um die negativen Auswirkungen von Großstaudämmen abzuwenden. Die WCD hat deshalb umfassende Empfehlungen gegeben, wie die Fehler der Vergangenheit vermieden werden können. Dazu gehört, alle Optionen zu prüfen, vorm Beginn neuer Projekte alte Probleme zu lösen und sicher zu stellen, dass Projekte nicht gegen den Willen der Betroffenen realisiert werden" sagt Regine Richter.
Der Bericht "A Trojan Horse for Large Dams: How Export Credit Agencies Offer Subsidies for Destructive Projects Under the Guise of Environmental Protection" wurde für das NGO-Netzwerk ECA Watch erstellt von den Mitgliedsorganisationen The Corner House, Environmental Defense, FERN, Friends of the Earth-Japan, the Halifax Initiative, International Rivers Network, Probe International, und dem World Development Movement.
Er kann hier heruntergeladen.
Weitere Informationen:
Regine Richter, urgewald, 030-44 33 91 69 // (0170-29 30 725)
Daniela Setton, WEED, 030-275 96 643 // (0179/71 02 094)