Senatsverwaltung für Wirtschaft bremst fairen öffentlichen Einkauf der Stadt aus
Im April 2020 beschloss das Land Berlin mit der Änderung des Landesvergabegesetzes die Förderung und Unterstützung sozialer, beschäftigungspolitischer und umweltbezogener Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge . Vor allem Arbeits- und Menschenrechte in globalen Lieferketten sollten mit der Einführung einer Verwaltungsvorschrift für Fairen Handel gestärkt werden. Das Land Berlin kauft jedes Jahr Produkte und Dienstleistungen in Milliardenhöhe. Darunter sind auch Waren, deren Produktion mit Menschenrechtsverletzungen einhergehen und die unter Umständen sogar von Kindern hergestellt wurden. Ein Beispiel hierfür sind Pflastersteine, die heute größtenteils aus Indien stammen.
Stattdessen sozial verantwortliche, faire oder regionale Produkte einzukaufen, soll durch die geplante Verwaltungsvorschrift für die städtischen Einkäufer*innen vereinfacht werden. Waren, bei deren Produktion Menschenrechtsverletzungen sehr wahrscheinlich sind, müssten dann immer nachweislich fair beschafft werden.
"Es ist unverständlich, dass die zuständige Senatsverwaltung nun schon mehr als zwei Jahre braucht, diese Vorschrift zu entwickeln. Das Ziel ist seit 2020 klar: Faire Beschaffung soll handhabbarer und anwenderfreundlicher werden und ihr Anteil an den Gesamtbeschaffungen soll steigen. Statt diesen wichtigen Schritt final umzusetzen, verlässt sich Berlin weiter darauf, dass sich Verwaltungsmitarbeitende fortbilden und von allein darauf achten, welche Produkte sie einkaufen und ob die von den Vertragspartner*innen versprochenen Nachhaltigkeitsstandards auch eingehalten werden." kritisiert Tina Haupt, die Koordinatorin des Berliner FAIRgabe-Bündnis.
"Wenn die Stadt Berlin, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ihr Potential nutzen will, Vorreiterin im Bereich Klimaschutz zu werden, ist ihre Einkaufspraxis ein großer Hebel. Hier müssen soziale und umweltfreundliche Beschaffung zusammengedacht und flächendeckend umgesetzt werden. Berlin sollte mit seiner Einkaufpraxis nicht dem Ziel einer sozial-ökologischen Transformation im Wege stehen", so Tilmann Heuser, Geschäftsführer vom BUND Berlin.
Wenn der Entwurf endlich vorliegt, muss genügend Zeit für die Kommentierung durch Verbände eingeplant werden. "Umwelt- und entwicklungspolitische Gruppen aus der Zivilgesellschaft müssen dann verbindlich einbezogen werden", so Alexander Schudy, Geschäftsführer vom Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag (BER).
Kontakt: Tina Haupt, Koordinatorin des Berliner FAIRgabe-Bündnis, 030-275 966 44
Das Berliner FAIRgabe-Bündnis besteht seit 2007 aus umwelt- und entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen sowie aus Gewerkschaften. Gemeinsam setzen sie sich dafür ein, dass Aufträge aus öffentlicher Hand unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer und fairer Kriterien vergeben werden. Denn: Ob Güter, Dienstleistungen oder Bauaufträge - das Land Berlin gibt Jahr für Jahr gewaltige Summen aus. Das FAIRgabe-Bündnis macht Lobby-, Kampagnen- und Öffentlichkeitsarbeit, um die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung an die Verantwortung der öffentlichen Hand zu erinnern. Zurzeit besteht das Berliner FAIRgabe-Bündnis aus: Deutscher Gewerkschaftsbund Berlin Brandenburg, BUND Berlin, Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag (BER), Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung - WEED e.V.