Spannungsfeld Entwicklungs- und Wirtschaftspolitik - urgewald und WEED kritisieren die geplante Priorisierung deutscher Wirtschaftsinteressen in der Entwicklungszusammenarbeit
von Simon Pompé
Spannungsfeld Entwicklungs- und Wirtschaftspolitik - urgewald und WEED kritisieren die geplante Priorisierung deutscher Wirtschaftsinteressen in der Entwicklungszusammenarbeit
Berlin 09.10.2025
Im am Dienstag vom BMZ vorgestellten Aktionsplan „Starke Partnerschaften für eine erfolgreiche Wirtschaft weltweit“ kündigt das Ministerium an, die Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft zu einem strategischen Schwerpunkt zu machen und noch mehr Mittel der Entwicklungsfinanzierung an Projekte privater Unternehmen im Globalen Süden umzuleiten.
Die Bundesregierung unterstützt die deutsche Wirtschaft im Rahmen der Außenwirtschaftsförderung bereits mit öffentlichen Geldern in Milliardenhöhe. Doch die beteiligten Unternehmen verfolgen häufig keine entwicklungspolitischen Ziele.
Moritz Leiner, Energie- und Finanzcampaigner bei urgewald, sagt: „Im BMZ-Aktionsplan geht es vor allem darum, deutschen Unternehmen neue Märkte im Globalen Süden zu erschließen. Stattdessen sollte das BMZ die Bedürfnisse der Menschen in den Zielländern priorisieren. Gerade in Zeiten der eskalierenden Klimakrise, die durch Deutschland maßgeblich mitverursacht ist. Die Außenwirtschaftsförderung sollte keine prominente Rolle in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit spielen, da sich wirtschafts- und entwicklungspolitische Ziele zu häufig widersprechen.“
Auch Tina Haupt von WEED sagt: „Die Politik muss dem Irrglauben aufliegen, dass wirtschaftliche Akteure entwicklungspolitische Interessen verfolgen. Sie verfolgen jedoch wirtschaftliche Ziele und investieren folglich nur dort, wo auch Gewinne zu erwarten sind, nicht aber dort, wo es den Bedarf aus entwicklungspolitischer Sicht gibt.“
Die geplanten „Partnerschaften“ sind ein schlechter Deal für ärmere Länder: Sie machen die wirtschaftliche Entwicklung dort abhängig von der Prioritätensetzung extraktiver multinationaler Konzerne, die die Förderungen am häufigsten in Anspruch nehmen. Private Prioritäten bestimmen dann die Ausrichtung öffentlicher Finanzierung, nicht umgekehrt. So werden Gelder vor allem in profitträchtige Sektoren wie Rohstoffabbau oder Energie gelenkt, die aber nur wenig Beschäftigung oder diversifizierte Wirtschaftsentwicklung vor Ort herbeiführen.1
„Natürlich ist auch die klassische Entwicklungspolitik nicht nur altruistisch motiviert“, sagt Simon Pompé, Referent für internationale Finanzen bei WEED. „Sie war immer schon eine andere Art, Geopolitik und Wirtschaftsdiplomatie zu betreiben. Doch durch eine noch offensichtlichere Verschmelzung privater und öffentlicher Sektoren droht das Gesetz des Stärkeren noch mehr Überhand zu nehmen auf internationaler Bühne“.
Das BMZ wiederholt hier laut Pompé die Fehler der Weltbank und anderer Entwicklungsbanken, die seit Jahren auf Privatkapitalmobilisierung setzen. Mehrere Recherchen, etwa von Oxfam2 oder Bloomberg3, zeigen, dass durch eine Profitorientierung von Entwicklungsfinanzierungsinstrumenten enorme soziale, ökologische und menschenrechtliche Missstände auftreten.
Anstatt öffentliche Mittel in Renditeprojekte zu leiten, fordern WEED und urgewald eine Stärkung direkter öffentlicher Investitionen in Form von Zuschüssen in soziale und ökologische Infrastruktur: Bildung, Gesundheit, Energiezugang und Klimaschutz. Dabei müssen die Bedarfe mit allen relevanten Stakeholdern in den Partnerländern erörtert werden.
Kontakt
Simon Pompé
Referent für internationale Finanzen und Wirtschaft
Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung - WEED e.V.
simon.pompe@weed-online.org
Moritz Leiner
Energie- und Finanzcampaigner
urgewald e.V.
moritz.leiner@urgewald.org
+49 157 32824032
Quellen
[1] Counterbalance: No role for export credits in the EU’s development finance, Mai 2024. Link
[2] Oxfam: Sick Development. How rich-country government and World Bank funding to for-profit private hospitals
causes harm, and why it should be stopped, Juni 2023. Link
[3] Bloomberg: The Hospitals That Won't Let Patients Go Home, Februar 2025. Link