Transparenz bei Steuervorbescheiden reicht nicht - Länderberichte überfällig
Das Netzwerk Steuergerechtigkeit hält das heute veröffentlichte Transparenzpaket der Europäischen Kommission zu Unternehmenssteuern für ein Feigenblatt. Wirkliche Reformen werden weiter aufgeschoben. "Natürlich ist ein automatischer Austausch über Steuervorbescheide zu begrüßen", so Markus Henn, Koordinator des Netzwerks und Referent für Finanzmärkte beim Netzwerkmitglied WEED. "Aber eine Meldung von Bescheiden hätte in den konkreten Fällen auch vorher schon spontan erfolgen müssen", so Henn. Luxemburg und andere EU-Staaten scheinen die entsprechende EU-Vorgabe ignoriert zu haben. "Ob die Verschärfung der Meldepflichten Besserung bringen wird, ist unklar", meint Henn.
Die Meldung der Vorbescheide soll auch nur zwischen den Behörden erfolgen. Nötig wäre aber eine Veröffentlichung, denn nur so können sich alle Bürgerinnen und Bürger eine Meinung bilden, ob die Besteuerung der Unternehmen gerecht ist. "Die normalen Steuersätze sind ja auch bekannt, und sogar die Sondersteuersätze wie für eine Patentbox", sagt Henn. "Damit können sie zumindest öffentlich diskutiert und kritisiert werden. Aber Vorbescheide entziehen sich auch bei dem neuen Vorschlag dem Licht der Öffentlichkeit, obwohl diese ein Recht hat zu wissen, wieviel Steuern ein Unternehmen zahlt."
Die von der Kommission angekündigte Prüfung von länderspezifischen Berichten für alle größeren Unternehmen ist längst überfällig und hätte schon vor Jahren beschlossen werden müssen. Aber einige EU-Staaten haben sich dagegen gewehrt. Dass die Kommission nun erneut nur eine Einführung prüfen will, ist unzureichend, denn sie hat eine Prüfung vergangenes Jahr schon einmal für den Bankensektor machen lassen. Dort heißt es, dass "keine erheblichen nachteiligen wirtschaftlichen Auswirkungen" zu erwarten seien, "vielmehr dürfte es zu gewissen positiven Auswirkungen … kommen".
Nach Ansicht des Netzwerks Steuergerechtigkeit werden die wirklich wichtigen Reformen im Bereich Unternehmenssteuern weiter verschoben und es ist unklar, ob die Kommission in dem für Sommer angekündigten zweiten Plan ernstzunehmende Maßnahmen vorschlagen wird. Das Netzwerk Steuergerechtigkeit fordert für das zweite Paket vor allem:
1. Überarbeitung der Zinsen- und Gebührenzahlungs-Richtlinie mit Schutzklauseln gegen europäische Niedrigsteuerländer (seit 2011 liegt dazu ein Entwurf der Kommission vor),
2. Abschaffung von Sondersteuerregeln wie Patent- und Lizenzboxen und
3. EU-weite Mindeststeuersätze auf Unternehmensgewinne von 25 Prozent, die auf eine breite vereinheitlichte Bemessungsgrundlage anzuwenden sind.