Zum Inhalt springen

Treffen zwischen den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan und Bundeskanzlerin Merkel: Deutsche Unterstützung für den Ilisu-Staudamm?

Eine Privilegierte Partnerschaft für Staudämme? Anlässlich des heutigen Treffens zwischen dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan und Bundeskanzlerin Merkel machen die Nichtregierungsorganisationen WEED und International Rivers Network auf die Gefahren einer möglichen deutschen Unterstützung für einen umstrittenen Großstaudamm in der Türkei aufmerksam.

"Eine Verbesserung der politischen Beziehungen zum EU-Beitrittskandidaten Türkei darf nicht auf der Hilfe für ein Projekt basieren, das zur Verarmung zehntausender Menschen und zu massiver Umweltzerstörung führt", fordert Heike Drillisch von WEED. Die Bundesregierung wägt zur Zeit ab, ob sie den umstrittenen Ilisu-Staudamm in der Südosttürkei mit Exportgarantien unterstützt. "Die Menschenrechtslage in der Südosttürkei ist noch immer prekär und wir können keine Anstrengungen der türkischen Regierung beobachten, das Projekt gemäß internationalen Umwelt- und Sozialstandards durchzuführen", stellt Drillisch fest.

"Frau Merkel macht sich unglaubwürdig. Vor kurzem noch war sie eine vehemente Gegnerin des EU-Beitritts der Türkei. Und schon plant sie, der türkischen Regierung beim Bau von höchst kontroversen Großstaudämmen unter die Arme zu greifen ", kritisiert Ann Kathrin Schneider vom International Rivers Network (IRN). "Ein Staudammprojekt darf nicht die Grundlage für die Entwicklung von Wirtschaftsbeziehungen bilden." Dagegen biete die Region des Ilisu-Staudamms ein riesiges Investitionspotential im Bereich erneuerbare Energien und Tourismus. "Hier sollte die Bundesregierung aktive Unterstützung für die nachhaltige Entwicklung anbieten, die die Bevölkerung verdient hat", so Schneider.

Die Nichtregierungsorganisationen weisen darauf hin, dass der Umsiedlungsplan und die Umweltverträglichkeitsprüfung des Ilisu-Projekts die Standards der Weltbank, der Weltstaudammkommission, der OECD und der Europäischen Union missachten. "Die Türkei befindet sich auf dem Weg in die EU", kommentiert Heike Drillisch. Eine Durchführung des Ilisu-Projekts nach dem gegenwärtigen Planungsstand stehe in eklatantem Widerspruch zum Beitrittsziel. "Frau Merkel sollte Herrn Erdogan nicht dabei unterstützen, internationale Standards bei der Projektplanung und -durchführung links liegen zu lassen. Stattdessen sollte sie klarmachen, dass die Bundesregierung ein derart problematisches Projekt wie den Ilisu-Staudamm nicht unterstützen kann."

Hintergrund:

Der Ilisu-Staudamm soll den Tigris kurz vor der Grenze zu Syrien und Irak aufstauen. Mindestens 55.000 Menschen, überwiegend Kurdinnen und Kurden, wären direkt betroffen. Ungeahnte Kulturschätze, darunter die antike Stadt Hasankeyf, würden unwiederbringlich vernichtet. Eine gravierende Verschlechterung der Wasserqualität, zusätzliche Gesundheitsgefahren sowie die Verschärfung des Wasserkonflikts in Nahost wären die Folge. Ein erster Projektanlauf war 2001/2 gescheitert, als sich britische, schwedische und italienische Unternehmen sowie die federführende Bank aus der Schweiz aufgrund der ungelösten sozialen und ökologischen Probleme aus dem Projekt zurückzogen. 2004 begann ein neuer Projektanlauf. Seit Ende 2005 liegt der Bundesregierung ein Antrag auf Übernahme einer Hermesbürgschaft in Höhe von ca. 100 Mio Euro von dem deutschen Unternehmen Ed. Züblin AG vor. In der Region wächst der Widerstand gegen das Projekt. In der "Initiative zur Rettung von Hasankeyf" haben sich über 30 Organisationen - von Gemeindevertretungen über Anwalts- und Ingenieurskammern bis zu Vertriebenen- und Menschenrechtsorganisationen - zusammengeschlossen, um ihren Bedenken Gehör zu verschaffen.

Weitere Informationen: www.weed-online.org/ilisu

Kontakt:

Heike Drillisch Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung - WEED Torstr. 154, 10115 Berlin 030 - 275 82 249 oder 0177 - 345 26 11 heike.drillisch@weed-online.org

Ann Kathrin Schneider International Rivers Network 030 - 214 00 88 oder 0163 - 475 1284 akschneider@irn.org

Zurück