Deutsche und europäische Rohstoffpolitik

In der Salzwüste Salinas Grandes in Argentinien und vielen weiteren Orten führt Lithiumgewinnung zu Menschenrechtsverletzungen

Wettlauf um kritische Rohstoffe

Weltweit wächst die Nachfrage nach metallischen Rohstoffen rasant an. Gleichzeitig haben der Krieg in der Ukraine und die COVID-Pandemie die Krisenanfälligkeit von Rohstofflieferketten und die einseitige Abhängigkeit von einzelnen Förderländern auf drastische Weise offengelegt. Politik und Unternehmen befürchten beim Zugang zu kritischen Rohstoffen für zukunftsträchtige Industrien wie E-Mobilität und digitale Technologien ins Hintertreffen zu geraten.

Um Unterbrechungen von Lieferketten zu verhindern und die Versorgung der heimischen Industrie mit Rohstoffen sicherzustellen, wird auf deutscher und EU-Ebene fieberhaft nach Lösungen gesucht. U.a. veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Anfang 2023 das Eckpunktepapier „Wege zu einer nachhaltigen und resilienten Rohstoffversorgung“. Ende 2023 wurde zudem das europäische Gesetz zu kritischen Rohstoffen (Critical Raw Materials Act) verabschiedet. Beide Initiativen zielen darauf ab, die Versorgung mit kritischen Rohstoffen für die Industrie im Bereich der Energiewende, Digitalisierung, Verteidigung und Raumfahrt sicherzustellen.

„Weiter so“ mit grünem Anstrich

Neu ist dabei das Narrativ, mit dem die rohstoffpolitischen Initiativen vorangetrieben werden. So wird immer wieder betont, dass die verstärkte Förderung von Rohstoffen wie Lithium, Kobalt und Kupfer für die grüne Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft unumgänglich sei. Dieses Argument verfängt jedoch nur auf den ersten Blick. Denn der Abbau und die Weiterverarbeitung von Metallen trägt selbst mit ca. 10 % der globalen Treibhausgasemissionen nicht unerheblich zur Erderhitzung bei. Der Großteil des prognostizierten Anstiegs der Rohstoffnachfrage geht dabei nicht auf Windkraftanlagen und Solarpanels zurück, sondern auf E-Autos. Verschiedene Studien zeigen, dass eine ganzheitliche Mobilitätswende, die auf eine Stärkung von ÖPNV, Rad- und Fußverkehr und eine Verringerung der Anzahl von Autos setzt, deutlich weniger Rohstoffe benötigt.

Bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass es sich bei den aktuellen rohstoffpolitischen Initiativen in erster Linie um die Fortschreibung eines „Weiter so“ mit grünem Anstrich handelt und es um Wettbewerbsvorteile für deutsche und europäische Schlüsselindustrien geht. Auch die Legitimation der Ausweitung des Bergbaus für den Klimaschutz darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Bergbau weltweit Ökosysteme gefährdet, mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung steht und viele Menschen im Globalen Süden nicht von dem versprochenen „Grünen Wachstum“ profitieren werden. Um einen wirklichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und gleichzeitig die gravierenden menschenrechtlichen und ökologischen Auswirkungen des Bergbaus zu minimieren, bräuchte es stattdessen konkrete Ziele und Maßnahmen, um den Rohstoffverbrauch insgesamt zu reduzieren.

Gemeinsam für eine Rohstoffwende

WEED kämpft für eine global gerechte und ökologisch nachhaltige Rohstoffpolitik und begleitet rohstoffpolitische Debatten kritisch. Wir bringen uns aktiv in Gesetzgebungsprozesse auf deutscher und EU-Ebene ein. Dafür stehen wir in engem Austausch mit anderen deutschen Nichtregierungsorganisationen und Partnerorganisationen aus dem Globalen Süden. U.a. sind wir Teil des AK Rohstoffe, einem Netzwerk deutscher Nichtregierungsorganisationen, das sich für Menschenrechte, soziale Standards und Umweltschutz entlang metallisch-mineralischer Rohstofflieferketten einsetzt.